Betätigungsanalyse:
- bei der Betätigungsanalyse geht es um die alltägliche Leistung (Performanz, Tun) und nicht um die bestmögliche Leistung (Kapazität, Können)
- manchmal führt die Anwesenheit des Therapeuten bei einer zu analysierenden Betätigung zu einer nicht „natürlich“ ausgeführten Betätigung, da der Klient versucht seine Höchstleistung zu zeigen
- Betätigungsausführung kann nur dann vollständig analysiert werden, wenn der Kontext Teil der Analyse ist, sonst fehlt ein entscheidender Teil
- Betätigungsanalyse, die dort gemacht wird, wo die Betätigung normalerweise ausgeführt wird, gibt mehr Auskunft, als eine Aktivität, die in Therapieräumen stattfindet – wenn es aber nicht anders möglich ist, so kann auch eine nachgestellte Betätigung analysiert werden
- nach der Beobachtung oder dem Filmen sollte der Klient immer gefragt werden, ob er die Betätigung so wie immer ausgeführt hat oder ob irgendetwas anders war
Die Betätigungsanalyse folgt auf das Erfassen der Betätigungsanliegen. In diesem Teil des Therapieprozesses wird ein ausgewähltes Betätigungsanliegen konkret analysiert, wobei der Alltagskontext der Betätigung berücksichtigt wird, denn Betätigungsperformanz wird von drei Faktoren beeinflusst: von der Person, der Betätigung und dem Kontext.
„Hierin ist ein deutlicher Unterschied gegenüber dem Untersuchungsansatz in der Physiotherapie zu erkennen, welche in der Regel den Schwerpunkt der Untersuchung, unabhängig vom Kontext, auf die Körperfunktionsebene legt. Ergotherapeuten dagegen beurteilen bei einer Betätigungsanalyse nicht nur die Körperfunktionen, sondern auch die Interaktion zwischen Kontext, Person und Betätigung.“ (Quelle: Romein, E., & Trees, H. (2016). Klientenzentrierte Betätigungsanalyse – zwei Methoden. In A. Baumgarten, & H. Strebel, Ergotherapie in der Pädiatrie: klientenzentriert – betätigungsorientiert – evidenzbasiert (S. 119-132). Schulz-Kirchner Verlag.)
Bei der Betätigungsanalyse werden (auf Basis der Klientenzentrierung) die Klienten immer mit einbezogen, denn auch hier spielen die Normen und Werte, die Erfahrungen und Möglichkeiten eine wichtige Rolle. Bevor eine Betätigung analysiert wird, muss die Entscheidung getroffen werden, ob der Ansatz defizitorientiert oder zunächst ressourcenorientiert ist. Bei dem Schwerpunkt auf Schwächen und Barrieren wird also eine Situation analysiert, die danach verbessert werden sollte. Bei dem Schwerpunkt auf Stärken und Ressourcen wird eine Situation analysiert, die jetzt schon erfolgreich ist. Die ressourcenorientierte Analyse dient manchmal zur Vorbereitung auf die defizitorientierte Analyse, da der erste Schritt das Wahrnehmen von Fähigkeiten ist und wenn das gelingt, wird es oft auch möglich, Schwächen und Probleme wahrzunehmen. (vgl. Romein & Trees, Klientenzentrierte Betätigungsanalyse – zwei Methoden, 2016)
Eine weitere wichtige Entscheidung ist, ob der Therapeut (direkt oder per Video) die Betätigung beobachtet und analysiert oder ob der Klient es für sich, anhand einer Liste von Beobachtungspunkten, macht und seine Erfahrungen dann mit dem Therapeuten bespricht. Vorteil der direkten Beobachtung sind viele Informationen über personenbezogene Faktoren, Betätigungsfaktoren und Kontextfaktoren. Ein Nachteil könnte sein, dass sich der Klient unnatürlich oder nicht wie üblich verhält und der Therapeut bei der Analyse eine führende Rolle einnimmt, der Klient also passiv wird. Vorteil der Beobachtung durch den Klienten selbst ist eine noch aktivere Beteiligung des Klienten bei der Analysesituation. Ein Nachteil ist, dass bestimmte / wichtige Teile übersehen werden könnten.
Im nächsten Beitrag geht es um die einzelnen Schritte der Betätigungsanalyse (Schritt für Schritt „Anleitung“).